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Beratungshilfe in außergerichtlichen Verfahren beantragen

Sie können Beratungshilfe erhalten, wenn Sie nicht das erforderliche Geld für rechtliche Hilfe in außergerichtlichen Verfahren haben.

Die Beratungshilfe unterstützt Sie darin, Ihre Rechte wahrnehmen zu können. Gegen eine geringe Eigenbeteiligung erhalten Menschen mit niedrigem Einkommen Rechtsberatung und Rechtsvertretung.

Die Beratungshilfe erhalten Sie in Angelegenheiten

  • des Zivilrechts (z.B. Kaufrecht, Mietrecht, nachbarrechtliche Streitigkeiten, Familiensachen) und in Angelegenheiten, für die Arbeitsgerichte zuständig sind
  • des Verwaltungsrechts (z.B. Wohngeld, Bausachen, Schul- und Hochschulrecht, Gewerberecht)
  • des Verfassungsrechts (z.B. Verfassungsbeschwerde gegen Grundrechtsverletzung)
  • des Sozialrechts (z.B. Renten- und Versorgungsangelegenheiten oder Fragen zur Arbeitslosenversicherung)
  • des Steuerrechts

In Angelegenheiten des Strafrechts und des Ordnungswidrigkeitenrechts erhalten Sie eine Beratung, aber keine rechtliche Vertretung.

Voraussetzungen

Voraussetzungen sind:

  • Sie benötigen Hilfe, um Ihre Rechte wahrnehmen zu können. Die Beratungshilfe dient der rechtlichen Beratung, nicht dem Ausgleich von Sprach-, Lese- oder Schreibdefiziten oder der allgemeinen Lebenshilfe.
  • Sie können die erforderlichen Mittel wegen Ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht selbst aufbringen. Ihr Einkommen, welches Sie einsetzen müssen, übersteigt das Existenzminimum nicht oder nur unwesentlich.
  • Es stehen Ihnen keine anderen zumutbaren Möglichkeiten zur Verfügung. Prüfen Sie, ob Sie
    • eine Rechtschutzversicherung haben und ob diese die Kosten übernehmen muss
    • anderweitig eine kostenlose Beratung und Vertretung in Anspruch nehmen können, beispielsweise als Mitglied eines Mietervereins. Sozial- und Verwaltungsbehörden beraten häufig kostenlos, besonders im Vorfeld eines dort zu stellenden Antrags.
  • Sie wahren Ihre Rechte nicht mutwillig. Mutwilligkeit liegt vor, wenn Sie sich nicht wie eine Person verhalten, die die Kosten selbst tragen müsste und die vernünftigerweise auf die Wahrnehmung ihrer Rechte verzichten würde.

Sie erhalten keine Beratungshilfe, wenn wegen gesetzlicher Unterhaltspflichten folgende Personen die Kosten übernehmen müssen:

  • Ihr Ehemann oder Ihre Ehefrau, Ihr Lebenspartner oder Ihre Lebenspartnerin oder
  • Ihre Eltern oder ein Elternteil

Verfahrensablauf

Um Beratungshilfe zu erhalten, haben Sie mehrere Möglichkeiten:

Sie können die Beratungshilfe bei der Rechtsantragstelle des zuständigen Amtsgerichts beantragen. Der Rechtspfleger oder die Rechtspflegerin der Rechtsantragstelle berät Sie, wenn Ihr Anliegen direkt erledigt werden kann, beispielsweise durch

  • eine sofortige Auskunft,
  • einen Hinweis auf andere Möglichkeiten für Hilfe oder
  • die Aufnahme eines Antrags oder einer Erklärung.

Sonst prüft die Rechtsantragsstelle, ob Sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen und stellt Ihnen einen Beratungshilfeschein aus. Damit können Sie sich von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin Ihrer Wahl beraten lassen.

Der Beratungshilfeschein ermöglicht Ihnen nur eine anwaltliche Beratung. Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin können Sie nur beanspruchen, wenn sie notwendig ist, um Ihre Rechte zu wahren.

Stellen Sie den Antrag schriftlich, müssen Sie auf einem dafür vorgesehenen Formular Angaben machen

  • zur Person,
  • zu den Einkommensverhältnissen,
  • zum Vermögen und zu den einzelnen Vermögensgegenständen,
  • zu den Wohnkosten,
  • zu den Unterhaltsleistungen für gesetzliche Unterhaltsberechtigte und
  • eventuell zu besonderen Belastungen (z.B. wegen Körperbehinderung oder hoher Zahlungsverpflichtungen).

Sie können stattdessen auch direkt einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin aufsuchen. Dem Rechtsanwalt oder der Rechtsanwältin müssen Sie Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen. Sie müssen versichern, dass Ihnen in derselben Angelegenheit bisher weder Beratungshilfe gewährt noch durch das Amtsgericht versagt wurde. Der Anwalt oder die Anwältin reicht den Antrag auf Beratungshilfe nachträglich bei Gericht ein.

Alternativ können Sie auch eine anwaltliche Beratungsstelle aufsuchen. Diese sind bei einigen Amtsgerichten in Baden-Württemberg eingerichtet und werden von örtlichen Anwaltsvereinen unterhalten. Die Beratungsstellen sind mit Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen besetzt. Das Gericht stellt nur die Räume zur Verfügung. Dort erhalten Sie in der Regel eine Kurzberatung. Beachten Sie, dass nicht alle Gerichte eine anwaltliche Beratungsstelle haben. Erkundigen Sie sich bei der Rechtsantragstelle vor Ort, ob dies für Sie in Betracht kommt.

Fristen

keine

Unterlagen

  • Reisepass oder Personalausweis
  • Einkommensnachweis oder Steuerbescheid
  • Mietvertrag (angemessene Mietkosten werden berücksichtigt)
  • sonstige Belege über Ausgaben, Einkommen und Vermögenswerte

Kosten

  • Beratung und Ausstellung des Beratungshilfescheins durch die Rechtsantragstelle: kostenlos
  • Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin: einmalig EUR 15,00

Sonstiges

Beratungshilfe erhalten Sie nur für eine außergerichtliche Beratung und Vertretung. Ist ein gerichtliches Verfahren erforderlich, können Sie Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen.

Rechtsgrundlage

Beratungshilfegesetz:

  • § 1 Voraussetzungen
  • § 2 Beratung und Vertretung
  • § 3 Gewährung von Beratungshilfe
  • § 4 Entscheidung über Antrag
  • § 7 Pflichten des Rechtsuchenden
  • § 8 Gebühr des Rechtsanwalts

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)

  • § 44 Vergütungsanspruch bei Beratungshilfe

Zuständigkeit

Die Rechtsantragstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk Sie Ihren Wohnsitz haben

Sind bei kleineren Gerichten keine Rechtsantragstellen eingerichtet, nehmen die Geschäftsstellen die Aufgaben der Rechtsantragstelle wahr.

Bei einigen Amtsgerichten in Baden-Württemberg gibt es auch anwaltliche Beratungsstellen. Diese bieten regelmäßig Sprechstunden mit einer anwaltlichen Beratung an. Erkundigen Sie sich bei der Rechtsantragstelle, ob dies für Sie in Betracht kommt.

Freigabevermerk

02.09.2024; Justizministerium Baden-Württemberg